1. Das gerichtliche Verfahren in Familiensachen 

 

Das gerichtliche Verfahren in Familiensachen wird grundlegend reformiert. Heute hat das Gesetz über das Verfahren in Familiensachen und in den Angelegenheiten der freiwilligen Gerichtsbarkeit (FamFG) den Bundesrat passiert. Auf Vorschlag von Bundesjustizministerin Brigitte Zypries hatte der Deutsche Bundestag das Gesetz im Juni 2008 beschlossen.

Das gerichtliche Verfahren in Familiensachen wird erstmals in einer einzigen Verfahrensordnung zusammengefasst und vollständig neu geregelt. Mit dem neuen Recht werden die Möglichkeiten verbessert, familiäre Auseinandersetzungen vor Gericht so fair und schonend wie möglich auszutragen.

Gerade in Kindschaftssachen - etwa bei Streitigkeiten über das Sorge- oder Umgangsrecht - werden Konflikte nicht selten im gerichtlichen Verfahren geklärt. Kinder sind häufig die Opfer familiärer Konfliktsituationen. Das Gesetz berücksichtigt in besonderem Maße die Belange der Kinder. Sie erhalten einen besseren Schutz und mehr Rechte im Verfahren.

Die Reform des familiengerichtlichen Verfahrens enthält folgende Kernpunkte:

  • Das Gericht soll den Versuch einer einvernehmlichen Lösung des Konflikts unternehmen, wenn dies dem Kindeswohl nicht widerspricht. Einvernehmliche Lösungen der Eltern müssen vom Gericht gebilligt werden. Gelingt eine Einigung nicht, muss das Gericht über eine einstweilige Anordnung nachdenken. Über das Umgangsrecht soll das Gericht in der Regel schnell entscheiden, damit der Kontakt zwischen Kind und einem umgangsberechtigten Elternteil aufrechterhalten bleibt und die Beziehung keinen Schaden nimmt.

 

  • Die Beteiligungs- und Mitwirkungsrechte des betroffenen Kindes werden verstärkt. In schwierigen Fällen wird das Kind künftig von einem Verfahrensbeistand unterstützt. Dessen Aufgabe ist es, im gerichtlichen Verfahren die Interessen des Kindes zu vertreten und das Kind über den Ablauf des Verfahrens und die Möglichkeiten der Einflussnahme zu informieren. Im Gegensatz zum bisherigen Verfahrenspfleger kann der Verfahrensbeistand auf Anordnung des Gerichts eine aktive Rolle in dem Konflikt übernehmen und zu einer einvernehmlichen Umgangsregelung - etwa durch Gespräche mit den Eltern - beitragen. Das über 14-jährige Kind kann sich künftig zur Durchsetzung eigener Rechte selbst vertreten.

 

  • Die Beteiligung von Pflegepersonen am Verfahren wird erweitert. Pflegepersonen - z. B. Pflegeeltern - können künftig in allen Verfahren, die das Kind betreffen, hinzugezogen werden, wenn das Kind seit längerer Zeit bei ihnen lebt. In solchen Fällen wissen Pflegeeltern häufig besser über das Kind Bescheid als die Eltern.

 

  • Die Vollstreckung von Sorge- und Umgangsentscheidungen werden effektiver. Bei Verstößen gegen Umgangsentscheidungen kann das Gericht Ordnungsmittel verhängen. Diese können - anders als Zwangsmittel - auch noch nach Ablauf der Verpflichtung wegen Zeitablaufs festgesetzt und vollstreckt werden. Beispiel: Entgegen vorheriger Vereinbarung lässt eine Mutter das Kind über Ostern nicht zum getrennt lebenden Vater gehen. Wegen der Feiertage verhängt das Gericht erst nach Ostern ein Ordnungsgeld von 200 Euro gegen die Frau. Diesen Betrag muss sie zahlen, obwohl das Kind Ostern nicht mehr beim Vater verbringen kann. Das wird die Mutter davon abhalten, sich nicht an solche Absprachen zu halten. Anders das bislang geltende Zwangsgeld: Dieses kann nur verhängt werden, solange sich die Verpflichtung auch tatsächlich durchsetzen lässt - also nur während der Ostertage, was in der Praxis schwierig sein dürfte.

 

  • Künftig wird es möglich sein, einen Umgangspfleger zu bestellen. Dieser soll bei schwierigen Konflikten über den Umgang sicherstellen, dass der Kontakt des Kindes zu dem Umgangsberechtigten nicht abbricht. Beispiel: Aufgrund des Konflikts in der akuten Trennungssituation sind die Eltern nicht in der Lage, die Übergabemodalitäten beim Umgang einzuhalten. Diese Situation kann dadurch entschärft werden, dass der Umgangspfleger Zeit und Ort der Übergabe des Kindes festlegt, dieses von dem betreuenden Elternteil abholt, dem umgangsberechtigten Elternteil übergibt und später zurückbringt.


Neuerungen in anderen familiengerichtlichen Verfahren:

  • In Scheidungssachen muss der Antragsteller im Scheidungsantrag künftig angeben, ob die Ehegatten sich über die Regelung der elterlichen Sorge, des Umgangs und des Unterhalts verständigt haben. Das soll die Eltern dazu anhalten, vor Einleitung des Scheidungsverfahrens die künftigen Lebensumstände der Kinder zu klären.

 

  • In Unterhaltssachen wird die Klärung der Einkommens- und Vermögensverhältnisse durch weitergehende Auskunftspflichten der Beteiligten verbessert.

 

  • Mit dem Großen Familiengericht soll die sachliche Zuständigkeit der Familiengerichte erweitert werden. Damit wird es den Gerichten ermöglicht, alle durch den sozialen Verband von Ehe und Familie sachlich verbundenen Rechtsstreitigkeiten in einer Zuständigkeit zu entscheiden. Das Vormundschaftsgericht wird aufgelöst. Seine Aufgaben werden vom Familiengericht und vom Betreuungsgericht übernommen. Das führt zu einer Straffung gerichtlicher Zuständigkeiten.

 

Die Reform der freiwilligen Gerichtsbarkeit

  • Der vorliegende Gesetzesentwurf enthält zugleich eine Reform des Verfahrens in Angelegenheiten der freiwilligen Gerichtsbarkeit. Das bisher geltende Verfahrensgesetz (FGG) für diese Verfahren (Betreuungs-, Unterbringungs-, Nachlass- und Registersachen) stammt aus dem Jahre 1898 und wurde vielfach geändert. Dieses Gesetz wird durch eine vollständige, moderne Verfahrensordnung mit verständlichen, überschaubaren und einheitlichen Strukturen für die verschiedenen Materien ersetzt.

 

  • Die neue Verfahrensordnung definiert erstmals umfassend die Verfahrensrechte und die Mitwirkungspflichten der Beteiligten und sichert ihren Anspruch auf rechtliches Gehör.

 

  • Das zersplitterte Rechtsmittelsystem der freiwilligen Gerichtsbarkeit wird neu strukturiert und effizienter gestaltet. Um zügig Rechtssicherheit zu erhalten, wird die Beschwerde gegen gerichtliche Entscheidungen künftig generell befristet. Die bisherige weitere Beschwerde zum Oberlandesgericht wird ersetzt durch die Rechtsbeschwerde zum Bundesgerichtshof. Die Rechtsbeschwerde ist zuzulassen, wenn eine Entscheidung geboten ist, um das Recht zu vereinheitlichen oder fortzubilden. Abweichend davon ist die Rechtsbeschwerde in besonders grundrechtsrelevanten Betreuungssachen, in Unterbringungs- und in Freiheitsentziehungssachen an keine besonderen Zulässigkeitsvoraussetzungen geknüpft. Den Beteiligten wird damit in Angelegenheiten der freiwilligen Gerichtsbarkeit der unmittelbare Zugang zum Bundesgerichtshof eröffnet. Dieser kann dadurch viel stärker als bisher die Materien der freiwilligen Gerichtsbarkeit durch Leitentscheidungen prägen und fortentwickeln. Das bringt mehr Rechtssicherheit für jeden Einzelnen.


Die Reform wird am 1. September 2009 in Kraft treten. Die Länder erhalten auf diese Weise ein Jahr Zeit, um die notwendige Neuorganisation der gerichtlichen Abläufe vorzunehmen.

 

2. Neuerungen im Versorgungsausgleich zum 01.09.2009


Neuerungen im Versorgungsausgleich zum 01.09.2009
Der Versorgungsausgleich wird grundsätzlich neu geregelt. Voraussichtlich zum 1.9.2009 tritt das neue Gesetz in Kraft. Im wesentlichen ändert sich folgendes:

  • Bei Ehezeiten bis zu 3 Jahren Dauer, findet der Versorgungsausgleich nicht statt, es sei denn, einer der Eheleute beantragt die Durchführung ausdrücklich.
  • in Bagatellfällen (bis 25 € Monatsrente oder 3000 € Kapital) soll der Versorgungsausgleich nicht stattfinden.
  • notarielle Vereinbarungen der Eheleute über den Versorgungsausgleich sind deutlich leichter möglich. Insbesondere gilt die Jahresgrenze nicht mehr. So kann auch noch kurz vor dem Scheidungsverfahren eine notarielle Vereinbarung über den Versorgungsausgleich geschlossen werden und das Gericht muss nicht mehr zustimmen, hat aber immer noch die Inhalts- und Ausübungskontrolle.
  • das Rentner und Pensionistenprivileg wird abgeschafft.
  • das Unterhaltsprivileg wird ebenfalls abgeschafft bezw. auf die Höhe des gesetzlichen Unterhaltsanspruchs begrenzt.
  • positiv: Das Rückfallprivileg wird auf bis zu 36 Monate erweitert. Bislang war es so, dass der Ausgleichsverpflichtete den Kürzungsbetrag auch dann dauerhaft verlor, wenn der Ausgleichsberechtigte später als 24 Monate nach Rechtskraft der Entscheidung verstorben ist beziehungsweise länger als 24 Monate den Ausgleichsbetrag bereits bezogen hat. Dieser Zeitraum wird auf 36 Monate erweitert.
  • beim schuldrechtlichen Versorgungsausgleich wird künftig nicht mehr die Bruttorente (inklusiv Steuern und Krankenversicherung), sondern die Nettorente für die Berechnung des Ausgleichsanspruchs zugrundegelegt. Damit ergeben sich deutliche Vorteile für den Ausgleichspflichtigen.
  • Der Versorgungsausgleich kann nach der Reform auch dann durchgeführt werden, wenn beide Eheleute Ansprüche Wesdt und Ansprüche Ost erworben haben. Bislang wurde in den Fällen, in denen einer mehr Westansprüche und der andere mehr Ostansprüche hatte, das Verfahren ausgesetzt. Das wird anders, da nunmehr auch diese Ansprüche geteilt werden können.
  • Tipp, den Familienrichter noch gar nicht gern hören, da viel Arbeit auf sie zukommt (aber auch wir Anwälte reißen uns nicht darum): Mit der Möglichkeit der internen Teilung der Ansprüche sollte eine Wiederaufnahme des Verfahrens über den VA möglich sein, wenn das Verfahren mangels vergleichbarer Ost- und Westansprüche ausgesetzt wurde.

 

3. Reform des Zugewinnausgleiches

was ändert sich?

Am 1. September 2009 wird eine Reform des Zugewinnausgleiches Inkrafttreten. Nach dem bisher geltenden Recht gab es weder ein negatives Endvermögen noch ein negatives Anfangsvermögen. Das bedeutete, dass diese Beträge minimal immer Null war. Dies wird seit vielen Jahren speziell aus der Anwaltschaft kritisiert. Das neue Recht berücksichtigt nunmehr auch Schulden, die von den Eheleuten in der Ehe abgebaut wurden. An 3 Beispielen möchte ich die Konsequenzen darstellen:

Beispiel 1:

  • bei Eheschließung hatte der Ehemann Verbindlichkeiten von insgesamt 100.000 €. Die Ehefrau hatte ein Anfangsvermögen von null. Zum Stichtag der Berechnung hatten beide Eheleute jeweils ein Vermögen von 100.000 €. Nach dem bisherigen Recht bestand also kein Anspruch auf Zugewinnausgleich, da beide Eheleute ein gleich hohes Endvermögen hatten. Das lag daran, dass die Schulden des Ehemannes nicht berücksichtigt wurden und sein Anfangsvermögen ebenfalls auf null gesetzt wurde. Hier setzt das neue Recht an und geht zu einer wirtschaftlichen Betrachtungsweise über. Wenn man die Entwicklung in der Ehe wirtschaftlich betrachtet, hat der Ehemann nicht nur ein Endvermögen von 100.000 € erworben, sondern er hat im Laufe der Ehe auch die Schulden von 100.000 € abgebaut. Damit ist sein Endvermögen mit 200.000 € zu bewerten, während die Ehefrau nur 100.000 € hat. Der Zugewinn beträgt 100.000 € bei dem Ehemann und 1/2 davon, mithin 50.000 €, muss er als Zugewinnausgleich abgeben.


Beispiel 2

  • zum Zeitpunkt der Eheschließung hatte der Ehemann Verbindlichkeiten von 50.000 €. Im Laufe der Ehe kann er darauf einen Betrag von 25.000 € abzahlen. Die Ehefrau hat ein Anfangsvermögen mit null. Zum Berechnungsstichtag hat die Ehefrau allerdings ein Endvermögen von 50.000 €. Der Ehemann hat kein aktives Endvermögen. Nach dem bisherigen Recht musste die Ehefrau 1/2 ihres Zugewinns, sprich von 25.000 €, als Zugewinnausgleich zahlen. Nach dem neuen Recht ist bei dem Ehemann der Abbau seines Schuldenberges um 25.000 € im Endvermögen zu bewerten. Damit hat die Ehefrau also nur einen Zugewinn von 25.000 € und muss nur 12.500 € als Zugewinn zahlen.


Beispiel 3

  • Jetzt etwas komplizierter. Der Ehemann hatte bei Eheschließung Schulden von 200.000 €. Diese Schulden hat er bis zum Ende der Ehe komplett abgebaut. Er verfügt weiterhin über ein Vermögen von 50.000 € auf einem Bankkonto. Die Ehefrau dagegen hat ein Anfangsvermögen von null gehabt und ein Endvermögen von 70.000 € auf einem Konto. Nach dem bisherigen Recht war es so, dass die Ehefrau ein um 20.000 € höheres Endvermögen hatte und somit 10.000 € abgeben müsste. Das neue Recht mit einer wirtschaftlichen Betrachtung geht dagegen davon aus, dass der Ehemann die Schulden von 200.000 € abgebaut hat und dies sei sein Zugewinn. Dazu kommen die 50.000 € auf dem Konto. Der Ehemann hat also einen Zugewinn von 250.000 €. Er muss aber nicht die Differenz zwischen den Vermögen (250.000 -70.000 gleich 180.000 und davon 1/2 gleich 90.000) abgeben. Hier kommt § 1378 Abs. 2 BGB ins Spiel. Danach wird die Zahlungsverpflichtung des Ehemannes auf das beschränkt, was sein positives Vermögen darstellt. Dies sind hier 50.000 €. Im Beispielsfall muss der Mann nach dem neuen Recht also 50.000 € an Zugewinnausgleich zahlen, dass was sein Aktivvermögen darstellt.

 

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